Wer war nicht schon einmal in dieser Situation: man sitzt in einem Café, steht vor einer Bar oder will sich auf einer Bank einfach der Umgebung widmen und schafft es nicht wirklich einzutauchen, weil ständig Autos durchfahren. Die Autofrei.app ermöglicht es einen Schlussstrich darunter zu ziehen. Sie ziehen ihr Smartphone aus der Tasche und öffnen die App. Durch den Blick auf den Bildschirm ist es möglich in die Umgebung einzutauchen so wie sie wirklich wäre, jedoch ohne Autos, und das in Echtzeit. In einer weiteren Version der App würden sich auch die Umgebungsgeräusche autofrei wahrnehmen lassen.
Der Kern des Projektes besteht aus einer Augmented Reality (AR) App. AR wird als eine computergestützte Erweiterung der Realitätswahrnehmung verstanden. In diesem Fall ist eine App für Smartphones entwickelt worden, die es ermöglicht die Realität autofrei wahrzunehmen. AR Systeme dienen in der Regel dazu dem Anwender Zusatzinformationen zur Verfügung zu stellen [1]. In diesem Fall handelt es sich jedoch um eine Umkehr des Prinzips: Reduzierung statt Erweiterung der Realität. Die App steht exemplarisch für eine utopische Technikentwicklung, die in Form einer Technik-Karotte vor unserer Nase hängt [2, p.8]. Im Kontrast zur “Kultur der Innovation” [3, p.15], die einer derartigen Karotte gern angedichtet wird, wird hier jedoch die Maxime „Weniger statt Mehr“ hoch bzw. vor die Nase gehalten. Die App ist somit ein poetischer Ansatz, der das Verhältnis von Kunst und digitaler Technologie auslotet und dadurch Fragestellungen zur Formatierung unseres Alltags durch technologische Entwicklungen, sowie ihrer ökonomischen Nützlichkeitsparadigmen öffnen kann [4].
Referenzen
[1] Informatik Uni Oldenburg. Entwicklung sozialer Netzwerke | Augmented Reality, 2011.
[2] Günther Friesinger and Karin Harasser. Public fictions: wie man Roboter und Menschen erfindet. Studien-Verlag, Innsbruck, 2009.
[3] Anthony Dunne. Hertzian tales : electronic products, aesthetic experience, and critical design. Cambridge University Press, Cambridge, 2006.
[4] Adrian Daub. Was das Valley denken nennt: Über die Ideologie der Techbranche. Suhrkamp, Frankfurt am Main, 2020.
Ausstellungen
◦ Digital ist besser, Städtische Galerie Villingen-Schwenningen, DE, 2021